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Samstag, 16. März 2013

Die Sache mit der Sauberkeit....

Jetzt ist das Julekind schon 4 Wochen bei uns und pieselt immer noch mit einem Selbstverständnis in die Wohnung, dass mich - wenn ich mir nicht gerade vor Verzweiflung die Haare raufe - beinahe mit Bewunderung erfüllt.
Sie hat sich vom ersten Tag augenscheinlich wohl gefühlt bei uns, sie ist nicht destruktiv (also mal ehrlich: ein, zwei Paar Schuhe und eine Topfpflanze sind echt NIX für einen aufgeweckten Welpen), hat ausreichend Bewegung, beschäftigt sich wunderbar mit sich selbst und ist eigentlich ein wirklich helles Köpfchen... aber leider überzeugt undicht!
In meiner Not ging ich mit ihr zum Tierarzt, um den medizinischen Bereich abklären zu lassen und siehe da: Jules Harn war zu basisch. Dadurch bildeten sich Kristalle, die die Blase reizten und für eine konstante Entzündung sorgten! Antibiotika gegen den Infekt und 'ne Paste zur Absenkung des pH-Wertes um die Entstehung dieser sogenannten Struvitsteine zu verhindern wurden verordnet und eine Woche später hatte sich das Thema Stubenreinheit für uns erledigt.


Ein Welpe zieht ein


Seit 2006 arbeite ich zusammen mit meiner Hündin Shiva tiergestützt als Logopädin. Sie ist ein alter Hase und wirklich großartig bei dem, was sie tut!

Foto: Birgit Wunstorf, Tierfotografin

Um sie zukünftig etwas zu unterstützen, haben wir uns Nachwuchs ins Haus geholt.


Das ist sie: Jule, unser Goldendoodlemädchen, als sie mit 9 Wochen bei uns einzieht!

Sie stammt aus dem ersten Wurf eines befreundeten Hundetrainer und Züchters http://www.goldendoodle-welpen.eu und wir hatten das große Glück, Jules Entwicklung vom ersten Tag an mitzuerleben.

Wir entschieden uns für diese "Rasse" (ist ja eigentlich keine, sondern ein saumäßig teurer Modemix, wenn man ehrlich ist!), weil uns die charakterlichen und körperlichen Eigenschaften beider Rassen - der Pudelpapa ist sehr intelligent, leichtfüßig und voller Energie und unsere spezielle Retrievermama ist lernfreudig, offen, menschenbezogen und immer fröhlich) - sehr gefielen. Außerdem sollen Doodles nicht haaren. (Tun sie aber doch. Nur nicht so arg.).


Nun ist der Bommel da und wir, das heißt, mein Mann, Shiva und ich müssen Platz in unserem Alltag für unseren Familienzuwachs machen!

Da sie später auch einmal als Therapiebegleithündin arbeiten soll, ist mir die Sozialisierungsphase extrem wichtig. Deshalb hieß es 2 Monate lang Kurzarbeit für mich und ran an alles, was raschelt, knattert, flattert, wackelt, stinkt und seltsam ist. Wir sind Auto gefahren, waren in der Stadt, in Geschäften, Tiefgaragen und Aufzügen, haben Freunde besucht, turnten in Wäldern, Wiesen und Hügeln herum. Wir lernten zusammen alle möglichen Menschen jeder Coleur kennen; große und kleine, ängstliche und übergriffige, junge und alte, im Rollstuhl oder an Krücken. Auch den Praxisalltag durfte sie bei ausgewählten Patienten stundenweise miterleben, damit sie später mit mehr Gelassenheit auf ihren positiven Erfahrungsschatz zurückgreifen können wird.

Foto: Nicole Wolf
In allen Situationen war Shiva mit dabei,  
in erster Linie als Orientierungshilfe,
so dass Julchen sehen konnte,
wie eine erfahrene und souveräne Hündin
die Sache angeht.





Und außerdem schweißen einen gemeinsame Erfahrungen zusammen...


Nach drei Wochen hat sich unsere verwöhnte und priviligierte Einzelhündin an den Familienzuwachs gewöhnt.

Dienstag, 12. März 2013

Neulich, in der Therapie....


Ein  Beispiel, das aufzeigt, wie die erfolgreiche Zusammenarbeit eines eingespielten Therapiebegleithundeteams aussehen kann.


Manuel lebt in einer Einrichtung für behinderte Erwachsene. Seine Angehörigen wandten sich an mich, weil er seit längerer Zeit immer kaum noch sprach, impulsiver und teilweise aggressiv reagierte. Sie hofften, dass über den Einsatz eines Tieres vielleicht wieder mehr Zugang zu ihm aufzubauen sei.

Shiva und ich besuchen Manuel nun seit einigen Wochen in seiner Wohngruppe. Er hat uns problemlos akzeptiert und freut sich, wenn er uns sieht. Um ihm den Weg in die Kommunikation zu erleichtern, habe ich beschlossen, mit ihm zusammen ein Kommunikationsbuch zu erstellen, aus welchem er sich immer seine Therapieinhalte aussuchen darf. Er wählt immer zuerst ein Spiel mit Shiva aus und genießt es, wenn sie ihm vorsichtig die Leckerlies aus den Fingern knabbert.

Einmal war Manuel sehr abgelenkt und unruhig. Er freute sich zwar kurz, als wir aus dem Aufzug kamen, aber in sein Zimmer mitgehen wollte er nicht. Er flatterte nervös mit den Armen und wich beharrlich aus. Es dauerte eine geraume Zeit, bis es mir endlich gelang, den unwilligen jungen Mann ins Zimmer zu locken.
Shiva, die die ganze Zeit geduldig auf uns gewartet hatte, begrüßte uns wedelnd und stupste zur Begrüßung Manuels Hand, um gestreichelt zu werden, wurde jedoch noch ignoriert. Wir setzen uns auf die Bettkante und ich holte sein Kommunikationsbuch, um herauszufinden, womit er beginnen wollte, konnte ihn aber nicht dazu bringen, auf mich einzugehen.  Shiva wartete die ganze Zeit über aufmerksam, bis ihr der Geduldsfaden riss und sie das Ruder übernahm. Sie legte ihm den Kopf auf die Knie und blickte ihn beharrlich an.  Das erreichte ihn! Vorsichtig berührte er Shivas Kopf und sagte ihren Namen. Schnell bot ich ihm das Buch an und er entschied sich für das Ballspiel mit ihr.

Nach Beendigung ihres Einsatzes darf Shiva immer etwas trinken und sich im Zimmer einen Ruheplatz suchen. Sie steht kurz unschlüssig da und lässt sich dann direkt vor Markus auf den Boden plumpsen. Manuel schaut kurz überrascht, freut sich jedoch, berührt sie einige Male und sagt „Shiiiva?“

Wir einigen uns als nächsten Schritt darauf, ein Buch anzuschauen. Kurz gelingt es mir, Manuel für die Geschichte zu interessieren, dann wird er unruhig und möchte aufspringen, stößt aber mit den Füßen gegen Shiva, die sich nicht regt und hält inne, streichelt sie und beruhigt sich wieder. Wir können weiter arbeiten. Manuel stößt noch einige Male unbeabsichtigt gegen Shiva, zieht aber immer wieder vorsichtig seine Füße zurück und wendet sich wieder mir zu. Auf diese Weise schaffen wir es, 25 Minuten konzentriert und motiviert zusammen zu arbeiten.

In dieser Sequenz wird dem Hund viel abverlangt. Zunächst muss sie in einer kaum vertrauten Umgebung alleine warten, obwohl außerhalb des Zimmer viel Tumult und Aufregung herrscht.


Sie apportiert einen Ball und behält ihn so lange im Fang, bis Manuel es schafft, sich auf sie zu konzentrieren und ihn ihr abzunehmen. Dann bleibt sie so lange still sitzen, bis er sie belohnt hat  (dieser Teil fällt ihr nicht sehr schwer, da sie lieber Leckerlies frisst, als einen Ball zu apportieren). Manuel mag das Gefühl der knabbernden Hundezähne und hält die Leckerlies immer sehr lange fest – auch dies muss der Hund gelassen akzeptieren.


Was danach passierte, ist für mich immer wieder erstaunlich. Es ist schon häufiger passiert, dass Shiva in einer Therapie eigenständige Entscheidungen traf, aber es berührt mich dennoch jedes mal aufs Neue. Sie hat gespürt, dass Manuel unruhig und nervös ist und hat sich selbständig als eine Art Blitzableiter angeboten. Natürlich hätte ich ihr nie abverlangt, sich vor einen aufgeregten Erwachsenen abzulegen, es war ihre eigene Entscheidung. Ich habe zwar sie schon häufiger bei Kindern mit ADHS erfolgreich eingesetzt, indem sie entweder auf oder neben die Kinder während einer Übung abgelegt habe. Durch die Wärme und den Druck und durch die Möglichkeit, in ihrem Fell herumzuwuscheln, kommen die kleinen Patienten zur Ruhe und können sich meist bedeutend länger auf die Therapieinhalte konzentrieren als ohne diese Hilfestellung.

Intuitiv hat Shiva richtig auf Manuels Stress reagiert und ihm mit ihrer ruhigen Präsenz einen Rahmen gegeben, in welchem er seine Aufmerksamkeit auf die Therapieinhalte lenken konnte.

Sprachtherapeutisch konnte ich durch den Einsatz des Hundes Erhebliches erreichen: Es ist fraglich, ob ich Manuel an diesem Tag überhaupt für meine Materialien hätte interessieren können. Das Spiel mit Shiva, dass ihm so viel Spaß macht, motivierte ihn, sich mit mir auseinander zu setzen. Er konnte einige seiner körperlichen Spannungen durch das gezielte Ballwerfen abbauen und seinen Fokus weg von seiner inneren Unruhe auf die Interaktion mit Shiva legen. Während des Ballspiels trat er in Kommunikation mit ihr: Ich werfe – Du bringst – ich nehme den Ball – Du nimmst ein Leckerlie dafür. Es ist sehr deutlich, dass es einfach und angenehm für Manuel ist, nonverbal mit Shiva zu interagieren; die Kommunikation gelingt, beide sind zufrieden am Ende und ich kann diese positive Grundlage nutzen, und meine Arbeit darauf aufbauen.

Inzwischen brauche ich Shiva übrigens gar nicht mehr, um mit Manuel in Kontakt zu treten. Er ist zur Zeit viel mehr an dem interessiert, was ich ihm Spannendes mitgebracht habe und die "Shivazeit" rückt oft an zweite oder dritte Stelle - in meinen Augen ist das ein sehr großer Therapieerfolg!